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Ludwig Erk (Herausgeber): Deutscher Liederhort

11.
Er tanzt am Winter die lange Nacht,

bis daß ihr die Milch zur Brust ausbrach.

12.
„„Ach Bruder, hör auf, denn es ist genug,

daheime weint mein Fleisch und Blut.““

13.
Er nimmt sie an ihrem schneeweißen Arm

und führt sie in die Kammer, daß Gott erbarm!

14.
Er tritt sie am Winter die lange Nacht,

bis daß man Lung und Leber sach.

15.
„„Ach Bruder, hör auf, denn es ist genug,

es gehört dem König von England zu.““

16.
‚‚‚Ach Schwester, hättst dus mir ehr gesagt,

was hätt ich fürn lieben Schwager gehabt!‘‘‘

17.
Es stund wol kaum drei Tage an,

der König von England geritten kam.

18.
„Gott grüß dich, Pfalzgraf hübsch und fein!

wo hast dein adlich Schwesterlein?“

19.
‚‚‚Mein Schwesterlein ist lange todt,

sie liegt begraben röslinroth.‘‘‘

20.
„Liegt sie begraben röslinroth,

so mußt du leiden den bittern Tod!“

21.
Da zog er aus sein glitzrig Schwert

und stachs dem Pfalzgrafen durch sein Herz.

22.
Er stachs ihm ins Herz, so tief als er kann:

„Sieh an, das hast deiner Schwester gethan!“

23.
Er nahm das Kindlein wol auf den Arm:

„Jetzt habn wir keine Mutter mehr, daß Gott erbarm!“

24.
Er wiegt das Kindlein in süße Ruh

und ritt mit ihm nach England zu.

(Aus dem Elsaß.)
(Vgl. A. Schöll, „Briefe und Aufsätze von Goethe aus den Jahren 1766–1786. Weimar, 1846.“ S. 124.)

8. Artlich, artig.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Erk (Herausgeber): Deutscher Liederhort. Verlag von Th. Chr. Fr. Enslin, Berlin, Preußen 1856, Seite 154. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Liederhort_(Erk)_154.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)