Seite:Deutscher Liederhort (Erk) 089.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
27b. Tanhäuser.
(Heinrich Kornmann’s „Mens Veneris, Fraw Veneris Berg etc. Gedruckt zu Franckfurt a. M. 1614.“ 8. S. 127–132.)
1.
Nun will ich aber heben an,

vom Tanhäuser wöllen wir singen
und was er Wunders hat gethan
mit Frau Venussinnen.

2.
Der Tanhäuser war ein Ritter gut,

er wollt groß Wunder schauen;
da zog er in Frau Venus Berg
zu andern schönen Frauen.

3.
„Herr Tanhäuser, ihr seid mir lieb,

daran sollt ihr gedenken!
ihr habt mir einen Eid geschworn:
ihr wollt nicht von mir wenken.“

4.
‚‚‚Frau Venus, ich habs nicht gethan,

ich will das widersprechen,
wann Niemand spricht das mehr dann ihr,
Gott helf mir zu dem Rechten!‘‘‘

5.
„Herr Tanhäuser, wie sagt ihr mir?

ihr sollet bei uns bleiben;
ich geb euch meiner Gespielen ein
zu einem ehelichen Weibe.“

6.
‚‚‚Nehme ich dann ein ander Weib,

als ich hab in meinem Sinne,
so muß ich in der Höllen Glut
da ewiglich verbrinnen.“

7.
„Du sagst mir viel von der Höllen Glut,

du hast es doch nicht befunden:
gedenk an meinen rothen Mund,
der lacht zu allen Stunden.“

8.
‚‚‚Was hilft mir euer rother Mund,

er ist mir gar unmähre:
nun gieb mir Urlaub, Frau Venus zart,
durch aller Frauen Ehre!‘‘‘

9.
„Herr Tanhäuser, wollt ihr Urlaub han,

ich will euch keinen geben:
Nun bleibet, edler Tanhäuser zart,
und frischet (fristet) euer Leben!“

10.
‚‚‚Mein Leben das ist worden krank,

ich kann nicht länger bleiben;
nun gebt mir Urlaub, Fraue zart,
von eurem stolzen Leibe!‘‘‘

11.
„Herr Tanhäuser, nicht sprecht also,

ihr seid nicht wol bei Sinnen;
nun laßt uns in ein Kammer gahn
und spielen der heimlichen Minnen!“

12.
‚‚‚Euer Minne ist mir worden leid;

ich hab in meinem Sinne:
o Venus, edle Jungfrau zart,
ihr seid ein Teufelinne.‘‘‘

13.
„Tanhäuser, wie sprecht ihr also?

Besteht ihr mich zu schelten?
sollt ihr noch länger bei uns sein,
des Worts müßt ihr entgelten.“

14.
„Tanhäuser, wollt ihr Urlaub han,

nehmt Urlaub von den Greisen,
und wo ihr in dem Land umfahrt,
mein Lob das sollt ihr preisen.“

15.
Der Tanhäuser zog wieder aus dem Berg

in Jammer und in Reuen:
‚‚‚Ich will gen Rom wol in die Stadt,
All auf den Bapst vertrauen.

16.
‚‚‚Nun fahr ich fröhlich auf die Bahn,

Gott muß es immer walten!
zu einem Bapst der heißt Urban,
ob er mich wollt behalten.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Erk (Herausgeber): Deutscher Liederhort. Verlag von Th. Chr. Fr. Enslin, Berlin 1856, Seite 89. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Liederhort_(Erk)_089.jpg&oldid=- (Version vom 25.10.2019)