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Ludwig Erk (Herausgeber): Deutscher Liederhort

18d. Die glückliche Nonne.


Mäßig. Vielfach mündlich, aus Schlesien (Breslau, Hainau etc.).
Noten
Noten


1.
„Was wirst mir mittebringn,

Herzallerliebster mein?“ –
‚‚‚Von Rosmarin ein Riechel,
von blauer Seid ein Tüchel,
von schwarzbrauner Seid ein Kleid.‘‘‘ :|:

2.
‚‚‚Ach Jungfer, du bist schön,

ja schön von Angesicht.
Wärst du ein wenig reicher,
so wärst du meines Gleichen,
heirathen wollt ich dich.‘‘‘

3.
„Bin ich auch gleich nicht reich,

so bin ich Andern gleich.
Will gehn in Rosengarten
und will mein Zeit abwarten,
bis meines Gleichen kommt.

4.
„Kommt meines Gleichen nicht,

so weiß ich, was geschicht:
ins Kloster will ich gehen,
die Welt will ich verschmähen,
will werden eine Nonn.“ –

5.
swar kaum ein Vierteljahr,

daß sie im Kloster war,
ihr Eltern warn gestorben,
groß Reichthum hatt sie erworben,
dem Ritter war sie gleich.

6.
Als das der Ritter erfuhr,

daß sie ihm gleiche war:
‚‚‚Ei Knecht, sattl mir zwei Pferde,
vors Kloster ich reiten werde,
zu holen meine Braut.‘‘‘

7.
Als er vors Kloster kam,

ganz leise klopft er an,
fragt nach der jüngsten Nonne,
die erst ist rein gekommen
vor einem Vierteljahr.

8.
„„Es ist zwar Eine hinne,

raus aber darf sie nicht;
ihr Härlein sind verschnitten,
ihr Wänglein sind verblichen,
den Habit trägt sie schon.““

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Erk (Herausgeber): Deutscher Liederhort. Verlag von Th. Chr. Fr. Enslin, Berlin, Preußen 1856, Seite 60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Liederhort_(Erk)_060.jpg&oldid=- (Version vom 25.10.2019)