Seite:Deutscher Liederhort (Erk) 014.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Ludwig Erk (Herausgeber): Deutscher Liederhort

11.
‚‚‚Ach, meine Augen verbinde mir nicht,

ich muß die Welt anschauen;
ich seh sie heut und nimmermehr
mit mein schwarzbraunen Augen.‘‘‘

12.
Sein Vater beim Gerichte stund,

sein Herz wollt ihm zerbrechen:
„Ach Sohne, liebster Sohne mein,
dein Tod will ich schon rächen!“

13.
‚‚‚Ach Vater, liebster Vater mein,

mein Tod sollt ihr nicht rächen!
bringt meiner Seelen ein schwere Pein;
um Unschuld will ich sterben.

14.
‚‚‚Es ist nicht um das Leben mein,

noch um mein stolzen Leibe;
es ist um meine Frau Mutter daheim,
die weinet also sehre.‘‘‘

15.
Es stund kaum an den dritten Tag,

ein Engel kam vom Himmel,
sprach: „Nehmt den Knabn vom Gerichte ab,
sonst wird die Stadt versinken!“

16.
Es stund kaum an ein halbes Jahr,

der Tod der ward gerochen:
es wurden an dreihundert Mann
ums Knaben willen erstochen. –

17.
Wer ist, der uns das Lied erdacht,

gesungen auch zugleiche?
Das haben gethan drei Jungfräulein
zu Wien in Oesterreiche.

3. Rosenberg, wahrscheinlich das in Böhmen an der Mulde unfern der österreichischen Gränze gelegene Städtchen dieses Namens. – 9. Gericht, Richtstätte.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Erk (Herausgeber): Deutscher Liederhort. Verlag von Th. Chr. Fr. Enslin, Berlin, Preußen 1856, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Liederhort_(Erk)_014.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)