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Theelied.

Ihr Saiten! tönet sanft und leise,
Vom leichten Finger kaum geregt,
Ihr tönet zu des Zärt’sten Preise,
Des Zärt’sten, was die Erde hegt.

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In Indiens mythischem Gebiete,

Wo Frühling ewig sich erneut,
O Thee, du selber eine Mythe
Verlebst du deine Blütenzeit.

Nur zarte Bienenlippen schlürfen

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Aus deinen Kelchen Honig ein,

Nur bunte Wundervögel dürfen
Die Sänger deines Ruhmes seyn.

Wenn Liebende zum stillen Feste
In deine duft’gen Schatten fliehn,

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Dann rührest leise du die Aeste,

Und streuest Blüten auf sie hin.

So lebst du auf der Heimath Strande
Die jugendlichen Tage hin.
Noch hier in diesem fernen Lande

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Bewährt sich uns dein zarter Sinn.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutscher Dichterwald. Von Justinus Kerner, Friedrich Baron de La Motte Fouqué, Ludwig Uhland und Andern. J. F. Heerbrandt’sche Buchhandlung, Tübingen 1813, Seite 245. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Dichterwald_257.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)