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Sie zogen in das deutsche Land,

Die Jungfrau trug ein weiß Gewand,
Trug Blümlein weiß im Haare,
Sie schlief nur unter grüner Lind’,
Sie liebte recht als wie ein Kind

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Blumen und Steinlein klare.


Der Landgraf ritt nie auf die Jagd,
Bevor er sie, die süße Magd,
Gütlich in Arm geschlossen;
Der Landgraf kehrte nie nach Haus,

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Bevor er einen seltnen Strauß

Dem seltnen Kind gebrochen.

Doch nie von ihrem Stand er sagt,
Er hieß sie nur: die stille Magd,
Das Kind im weißen Kleide.

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Er ließ sie unter der Linde grün

Bei andern schlichten Blumen blühn,
Eine Lilie auf der Heide.

Bald sie, die Magd im weißen Kleid,
Erregte der Hoffrauen Neid,

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Die stolz einhergeschritten.

Herr Walther, Schenk von Varila,
Sprach, als er einst dem Grafen nah
Im stillen Wald geritten:

„Traut lieber Herr! so Ihr nicht grollt,

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Bescheidentlich ich fragen wollt’:

Ob Elsbeth hier verbleibe?

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutscher Dichterwald. Von Justinus Kerner, Friedrich Baron de La Motte Fouqué, Ludwig Uhland und Andern. J. F. Heerbrandt’sche Buchhandlung, Tübingen 1813, Seite 171. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Dichterwald_183.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)