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Sankt Elsbeth.

Zu Wartburg unterm Lindenbaum,
Der junge Landgraf lag im Traum,
Es sangen Nachtigallen,
Der Mond zog durch den Himmel blau,

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Der Landgraf sah die zärtste Frau

Ueber ferne Berge wallen.

Die Sonne kam, der Graf erwacht,
Ein Wandrer, zog er Tag und Nacht,
Den treuen Leu zur Seite.

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Zu Ungarn unter einer Lind’

Sankt Elsbeth schlief, das fromme Kind,
Der Leue wollt’ nicht weiter.

Geflohen aus dem Königssaal,
War sie, ein Kind, in’s stille Thal,

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Mit Blumen aufgeblühet.

Der König sandte weit umher,
Sein Kind, das fand er nimmermehr,
So sehr er sich bemühet.

Der Mond zog durch den Himmel blau,

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Der Graf erkannt’ die zart Jungfrau,

Es sangen Nachtigallen;
Der Leue auf den Rücken zahm
Gar gern die heil’ge Jungfrau nahm,
Sie zogen über Berg und Thale.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutscher Dichterwald. Von Justinus Kerner, Friedrich Baron de La Motte Fouqué, Ludwig Uhland und Andern. J. F. Heerbrandt’sche Buchhandlung, Tübingen 1813, Seite 170. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Dichterwald_182.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)