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„Muß ich dich Hofzucht lehren?
Darfst du vom Kranz der Ehren
Ein Läublein nur begehren?“

O weh dem Garten immer,

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Der solche Rosen bracht’!

O Heil den Linden nimmer,
Wo solcher Streit erwacht!
Wie klangen da die Degen,
Bis unter wilden Schlägen

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Der Jüngling todt erlegen!


Sieglinde beugt sich nieder
Und nahm die Ros’ empor,
Steckt in den Kranz sie wieder,
Und gieng zur Kirche vor.

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Sie gieng in Gold und Seide,

Mit Blumen und Geschmeide,
Wer thät ihr was zu Leide?

Vor Sankt Mariens Bilde
Nahm sie herab die Kron’:

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„Nimm du sie, Reine, Milde!

Kein Blümlein kam davon.
Der Welt will ich entsagen,
Den heil’gen Schleier tragen
Und um die Todten klagen.“

 Uhland.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutscher Dichterwald. Von Justinus Kerner, Friedrich Baron de La Motte Fouqué, Ludwig Uhland und Andern. J. F. Heerbrandt’sche Buchhandlung, Tübingen 1813, Seite 166. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Dichterwald_178.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)