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Glosse.

Süße Liebe denkt in Tönen,
Denn Gedanken stehn zu fern;
Nur in Tönen mag sie gern
Alles, was sie will, verschönen.

 Tieck.

Schönste! Du hast mir befohlen,
Dieses Thema zu glossiren;
Doch ich sag’ es unverhohlen:
Dieses heißt die Zeit verlieren,

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Und ich sitze wie auf Kohlen.

Liebtet ihr nicht, stolze Schönen!
Selbst die Logik zu verhöhnen,
Würd’ ich zu beweisen wagen,
Daß es Unsinn ist, zu sagen:

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Süße Liebe denkt in Tönen.


Zwar versteh’ ich schon das Schema
Dieser abgeschmackten Glossen,
Aber solch verzwicktes Thema,
Solche räthselhaften Possen

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Sind ein gordisches Problema.

Dennoch macht’ ich dir, mein Stern!
Diese Freude gar zu gern.
Hoffnungslos ring’ ich die Hände,
Nimmer bring’ ich es zum Ende,

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Denn Gedanken stehn zu fern.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutscher Dichterwald. Von Justinus Kerner, Friedrich Baron de La Motte Fouqué, Ludwig Uhland und Andern. J. F. Heerbrandt’sche Buchhandlung, Tübingen 1813, Seite 129. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Dichterwald_141.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)