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Herbstgefühl.
Nürnberg am 28. Oktober 1808.

Die Felder stehn in warmem Sonnenscheine,
Von zarten Herbstesfäden schon umstricket,
Und rings das Aug’ in irrer Eile blicket,
Ob Sommerlust verspätet wo erscheine.

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Vergebens, daß die Wehmuth innig weine!

Im Seufzerhauche sanft der Wipfel nicket,
Und leis’ den welken Schmuck zur Erde schicket,
Daß nackt die Nester stehen und alleine.

Wohl weiß ich, daß der Frühling wiederkehret,

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Ich darf um ihn nicht hoffnungslos verzagen,

Und Wiedersehen muß das Leben bringen.

Doch alles Leid, was mich indeß verzehret,
Das ich nur dir und Sommerau’n darf sagen,
Macht diese Thränen mir in’s Auge dringen.

 Varnhagen von Ense.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutscher Dichterwald. Von Justinus Kerner, Friedrich Baron de La Motte Fouqué, Ludwig Uhland und Andern. J. F. Heerbrandt’sche Buchhandlung, Tübingen 1813, Seite 115. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Dichterwald_127.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)