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Wer kann der Zukunft bange Räthsel lösen?

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Von tausend Wegen sie nur Einen nimmt;

Neigt sie den Schritt zum Guten oder Bösen?
Ist ihr ein heitres Friedensglück bestimmt?
Wie, oder soll, geführt von tapfrem Muthe,
Das Schwerdt sich röthen in der Feinde Blute?

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Wie in des Weinlaubs und der Trauben Fülle

Der frohe Dionysos glänzend steht,
So schaut in seiner eignen Blumenhülle
Der Dichter sich von dunklem Rausch umweht;
Zu hoher Wolkenbahn in freien Flammen

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Fließt aller Wünsche Liebesdrang zusammen.


O gönne mir, daß in lebend’gen Fluthen
Sich die bewegte Brust von dir erfüllt!
Nicht Schöneres wird von den Tagesgluten
Der neuen Sonne meinem Blick enthüllt,

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Als wie des Dankes liebevolles Streben

Sich aus dem Herzen singend will erheben!

Ich sah in deiner Hand die Fahne wehen,
Und hoch dich prangen im Gewühl der Schlacht,
Dieß war das Letzte, was ich dort gesehen,

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Mit diesem Licht versank mein Aug’ in Nacht;

Und Glück, in meinem Loos mir schon verloren,
War mir in deinem wieder neu geboren.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutscher Dichterwald. Von Justinus Kerner, Friedrich Baron de La Motte Fouqué, Ludwig Uhland und Andern. J. F. Heerbrandt’sche Buchhandlung, Tübingen 1813, Seite 96. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Dichterwald_108.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)