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Lied des Tischlergesellen.

Zu kommen bei’m Tischler in die Lehr’,
O wie war das früh auf mein liebst Begehr!
Aus dem Wald kommen schöne Bäume her,
Bäume, ihr sehet den Wald nicht mehr –

5
Schön ist Menschenverkehr!


Bei’m Lehrling, da ist die Kunst noch klein,
Eine Wiege muß sein Erstes seyn;
Schlafe, Kind, schlaf’, Gott gebe Gedeihn!
Uebe du, Lehrling, die Kunst da fein,

10
Schön Wiegelein!


Lieb Kind, wie scheinen die Aeuglein hell,
Flinker Lehrling, o wie wächsest du schnell!
Lehrling, werde nun Gesell,
Wiege, werde Bettgestell –

15
Ein Brautbett liebt der Gesell.


Schön Bett, schön Bett, wie bist du kalt!
Gesell, wo ist deine frische Gestalt?
Bleibt die Kunst nicht in Meisters Gewalt,
Und wird die Kunst mit ihm so alt?

20
Zimmre den Sarg, bald!


 Thorbecke.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutscher Dichterwald. Von Justinus Kerner, Friedrich Baron de La Motte Fouqué, Ludwig Uhland und Andern. J. F. Heerbrandt’sche Buchhandlung, Tübingen 1813, Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Dichterwald_089.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)