und zu trinken, und als er fertig war, sprach er zu
ihm: „kannst du schweigen, so sollst du in der Nacht
mit mir gehen, und da will ich dir etwas geben, daß
du dein lebtag nicht mehr zu betteln brauchst.“ Der
Landgraf sprach: „ja, schweigen kann ich, und
durch mich soll nichts verrathen werden.“ Darauf
wollten sie schlafen gehen; aber der Soldat gab ihm
erst ein rein Hemd, das sollte er anziehen und seines
aus, damit kein Ungeziefer in das Bett käme. Nun
legten sie sich nieder, bis Mitternacht kam; da weckte
der Soldat den Armen und sprach: „steh auf, zieh
dich an und geh mit mir.“ Das that der Landgraf,
und sie gingen zusammen in Cassel herum. Der Soldat
aber hatte ein Stück Springwurzel, wenn er das
vor die Schlösser der Kaufmannsläden hielt, sprangen
sie auf. Nun gingen sie beide hinein; aber der
Soldat nahm nur vom Ueberschuß etwas, was einer
durch die Ehle oder das Maaß heraus gemessen hatte,
vom Capital griff er nichts an. Davon nun gab er
dem Bettelmann auch etwas in seinen Ranzen. Als
sie ganz in Cassel herum waren, sprach der Bettelmann:
„wenn wir doch dem Landgrafen könnten
über seine Schatzkammer kommen!“ Der Soldat
antwortete: „hie will ich dir auch wohl weisen; da
liegt ein bischen mehr, als bei den Kaufleuten.“ Da
gingen sie nach dem Schloß zu, und der Soldat hielt
nur die Springwurzel gegen die vielen Eisenthüren,
so thaten sie sich auf; und sie gingen hindurch, bis
sie in die Schatzkammer gelangten, wo die Goldhaufen
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 358. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_378.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)