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gleich wieder abnehmen, und verehrte ihm die goldene Kette unter großen Lobsprüchen seiner Tapferkeit. Der kaiserliche Abgeordnete machte Einwendungen, aber der Landgraf erklärte standhaft: daß er sein Wort, ihn aufhängen zu lassen, streng gehalten, und es nie anders gemeint habe. – Das kostbare Kleinod ist bei dem Lüderschen Geschlecht in Ehren aufbewahrt worden, und jetzt, nach Erlöschung des Mannsstammes, an das adliche Haus Schenk zu Wilmerode gekommen.




565.
Landgraf, Moritz von Hessen.
Mündliche Sage in Hessen.


Es war ein gemeiner Soldat, der diente beim Landgrafen Moritz, und ging gar wohl gekleidet, und hatte immer Geld in der Tasche; und doch war seine Löhnung nicht so groß, daß er sich, seine Frau und Kinder so stolz hätte davon halten können. Nun wußten die andern Soldaten nicht, wo er den Reichthum herkriegte, und sagten es dem Landgrafen. Der Landgraf sprach: „das will ich wohl erfahren;“ und als es Abend war, zog er einen alten Linnenkittel an, hing einen rauhen Ranzen über, als wenn er ein alter Bettelmann wäre, und ging zum Soldaten. Der Soldat fragte, was sein Begehren wäre? „Ob er ihn nicht über Nacht behalten wollte?“ – „Ja – sagte der Soldat – wenn er rein wäre, und kein Ungeziefer an sich trüge;“ dann gab er ihm zu essen

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 357. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_377.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)