dem Stift zuständig war, von der Hörsel bis an die
Werra. Ludwig aber, nachdem er zu seinen Jahren
kam, bauete Wartburg bei Eisenach, und man sagt,
es sey also gekommen: auf eine Zeit ritt er an die
Berge aus jagen, und folgte einem Stück Wild nach,
bis an die Hörsel bei Niedereisenach, auf den Berg,
da jetzo die Wartburg liegt. Da wartete Ludwig auf
sein Gesinde und Dienerschaft. Der Berg aber gefiel
ihm wohl, denn er war stickel und fest; gleichwohl
oben räumig, und breit genug darauf zu bauen. Tag
und Nacht trachtete er dahin, wie er ihn an sich bringen
möchte: weil er nicht sein war, und zum Mittelstein.[1]
gehörte, den die Herren von Frankenstein
inne hatten. Er ersann eine List, nahm Volk zusammen,
und ließ in einer Nacht Erde von seinem Grund
in Körben auf den Berg tragen, und ihn ganz damit
beschütten; zog darauf nach Schönburg, ließ einen
Burgfrieden machen, und fing an, mit Gewalt auf
jenem Berg zu bauen. Die Herren von Frankenstein
verklagten ihn vor dem Reich, daß er sich des Ihren
freventlich und mit Gewalt unternähme. Ludwig antwortete:
„er baue auf das Seine, und gehörte auch
zu dem Seinen, und wollte das erhalten mit Recht.
Da ward zu Recht erkannt: wo er das erweisen und
erhalten könne, mit zwölf ehrbaren Leuten, hätte er’s
zu genießen. Und er bekam zwölf Ritter, und trat
mit ihnen auf den Berg, und sie zogen ihre Schwerter
- ↑ Weil er die Fünfscheide macht zwischen Hessen, Thüringen, Franken, Buchen und Eichsfeld
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 329. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_349.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)