den Herzog von Cleve herunter stach, und dieser den
Arm zerbrach; neidisch redete da die Clever Herzogin
laut unter den Frauen: „ein kühner Held mag Lohengrin
seyn, und Christenglauben scheint er zu haben;
schade, daß Adels halben sein Ruhm gering ist; denn
niemand weiß, woher er ans Land geschwommen kam.“
Dies Wort ging der Herzogin von Brabant durch das
Herz, sie erröthete und erblich. Nachts im Bette, als
ihr Gemahl sie in Armen hielt, weinte sie; er sprach:
„Lieb, was wirret dir?“ Sie antwortete „die
Clever Herzogin hat mich zu tiefem Seufzen gebracht“;
aber Lohengrin schwieg und fragte nicht weiter. Die
zweite Nacht wollte sie wieder; er aber merkte es
wohl, und stillte sie nochmals. Allein in der dritten
Nacht konnte sich Elsam nicht länger halten, und
sprach: „Herr, zürnt mir nicht! ich wüßte gern, von
wannen ihr geboren seyd; denn mein Herz sagt mir,
ihr seyet reich an Adel.“ Als nun der Tag anbrach,
erklärte Lohengrin öffentlich, von woher er stamme:
daß Parcifal sein Vater sey, und Gott ihn vom Grale
hergesandt habe. Darauf ließ er seine beiden Kinder
bringen, die ihm die Herzogin geboren, küßte sie,
und befahl „ihnen Horn und Schwert, das er zurück
lasse, wohl aufzuheben“; der Herzogin ließ er das
Fingerlein, das ihm einst seine Mutter geschenkt hatte.
Da kam mit Eile sein Freund, der Schwan, geschwommen,
hinter ihm das Schifflein; der Fürst trat hinein,
und fuhr wider Wasser und Wege in des Grales
Amt. Elsam sank ohnmächtig nieder, daß man
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 309. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_329.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)