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wurde offenbar. Der Kaiser begrüßte den Sieger; die Herzogin aber begab sich des Landes zu Gunsten ihrer Tochter Clarissa, und vermählte sie mit dem Helden, der sie befreit hatte. Die Hochzeit wurde prächtig zu Nimmegen gefeiert; hernach zogen sie in ihr Land Billon, wo sie mit Freuden empfangen wurden. Nach neun Monaten gebar die Herzogin eine Tochter, welche den Namen Yda empfing, und späterhin die Mutter berühmter Helden ward. Eines Tages nun fragte die Herzogin ihren Gemahl im Gespräch nach seinen Freunden und Magen, und aus welchem Lande er gekommen wäre? Helias aber antwortete nichts, sondern verbot ihr diese Frage; sonst müsse er von ihr scheiden. Sie fragte ihn also nicht mehr, und sechs Jahre lebten sie in Ruhe und Frieden zusammen.

Was man den Frauen verbietet, das thun sie zumeist; und die Herzogin, als sie einer Nacht bei ihrem Gemahl zu Bette lag, sprach dennoch: „o mein Herr! ich möchte gerne wissen, von wannen ihr seyd.“ Als dies Helias hörte, wurde er betrübt und antwortete: „ihr wißt, daß ihr das nicht wissen sollt; ich gelobe euch nun, Morgen von Lande zu scheiden.“ Und wie viel sie und die Tochter klagten und weinten, stand der Herzog Morgens auf, berief seine Mannen, und gebot ihnen: Frau und Tochter nach Nimmegen zu geleiten, damit er sie dort dem Kaiser empfehlen könne; denn er kehre nimmermehr wieder. Unter diesen Reden hörte man schon den Schwan schreien, der

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 301. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_321.jpg&oldid=- (Version vom 12.5.2018)