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schaute der Kaiser zum Fenster, und man erblickte auf dem Wasser den Nachen fahren, von dem Schwan geleitet, in welchem Helias gewappnet stand. Kaiser Otto verwunderte sich, und als das Fahrzeug anhielt, und der Held landete, hieß er ihn sogleich vor sich führen. Die Herzogin sah ihn auch kommen, und erzählte ihrer Tochter einen Traum, den sie die letzte Nacht gehabt hatte: „es träumte mir, daß ich vor Gericht mit dem Grafen dingte, und ward verurtheilt, verbrennt zu werden. Und wie ich schon an den Flammen stand, flog über meinem Haupt ein Schwan, und brachte Wasser zum Löschen des Feuers; aus dem Wasser stieg ein Fisch, vor dem fürchteten sich alle, so daß sie bebten; darum hoffe ich, daß uns dieser Ritter vom Tode erlösen wird.“ Helias grüßte den Kaiser und sprach: ich bin ein armer Ritter, der durch Abentheuer hierher kommt, um euch zu dienen. Der Kaiser antwortete: „Abentheuer habt ihr hier gefunden! hier stehet eine auf den Tod verklagte Herzogin; wollt ihr für sie kämpfen, so könnt ihr sie retten, wenn ihre Sache gut ist.“ Helias sah die Herzogin an, die ihm sehr ehrbar zu seyn schien, und ihre Tochter war von wunderbarer Schönheit, daß sie ihm herzlich wohlgefiel. Sie aber schwur ihm mit Thränen, daß sie unschuldig wäre; und Helias gelobte, ihr Kämpfer zu werden. Das Gefecht wurde hierauf anberaumt, und nach einem gefährlichen Streite schlug der Ritter mit dem Schwan dem Grafen Otto das Haupt vom Halse, und der Herzogin Unschuld

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 300. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_320.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)