barg sich mit ihren Kindern in dem Schlosse
Megen an der Maas, und fürchtete, daß Julius Cäsar,
ihr Bruder, sie auskundschaften möchte. Das
Reich Tongern hatte sie an Ambiorix abgetreten,
nahm aber ihren Schwan mit nach Megen, wo sie
ihn auf den Burggraben setzte, und oft mit eigner Hand
fütterte, zum Angedenken ihres Gemahls.
Julius Cäsar hatte dazumal in seinem Heer einen
Helden, Namens Salvius Brabon, der aus
dem Geschlechte des Frankus, Hectors von Troja
Sohn, abstammte. Julius Cäsar, um sich von der
Arbeit des Krieges ein wenig auszuruhen, war ins
Schloß Cleve gekommen; Salvius Brabon belustigte
sich in der Gegend von Cleve mit Bogen und Pfeil,
gedachte an sein bisheriges Leben und an einen bedeutenden
Traum, den er eines Nachts gehabt. In
diesen Gedanken befand er sich von ungefähr am Ufer
des Rheins, der nicht weit von dem Schlosse Cleve
fließt, und sah auf dem Strom einen schneeweißen
Schwan; der spielte und biß mit seinem Schnabel
in einen Kahn am Ufer. Salvius Brabon blickte mit
Vergnügen und Verwunderung zu, und die glückliche
Bedeutung dieses Vogels mit seinem Traum verbindend ,
trat er in das Schifflein; der Schwan, ganz
kirr und ohne scheu zu werden, floß ein wenig voraus
und schien ihm den Weg zu weisen; der Ritter
empfahl sich Gott, und beschloß ihm zu folgen. Ganz
ruhig geleitete ihn der Schwan den Lauf des Rheins
entlang, und Salvius schaute sich allenthalben um, ob
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 288. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_308.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)