Als diese erfolgte, empfing Alexander seine
Gemahlin auf das Zärtlichste; bald aber bliesen ihm
seine Freunde und Verwandten in die Ohren „daß
Florentina als ein leichtfertiges Weib zwölf Monate
lang in der Welt umher gezogen sey, und nichts von
sich habe hören lassen.“ Alexander entbrannte vor
Zorn, ließ ein Gastmahl anstellen, und hielt seiner
Frauen öffentlich ihren geführten Lebenswandel vor.
Sie trat schweigend aus dem Zimmer, ging in ihre
Kammer, und legte das Pilgerkleid an, das sie während
der Zeit getragen hatte, nahm die Harfe zur Hand,
und nun offenbarte sich, indem sie ihm das ausgeschnittene
Stück von dem Hemde vorwies: wer sie gewesen
war, und daß sie selbst als Pilgrim ihn aus
dem Pflug erlöst hatte. Da verstummten ihre Ankläger,
fielen der edlen Frau zu Füßen, und ihr Gemahl
bat sie mit weinenden Augen um Verzeihung.
Siegfried und Genofeva.
Freher origines palatinae pars II. 1612. fol. p. 38. 39. und Anhang S 18 - 22. aus einer alten Frauenkircher Handschrift. |
Zu den Zeiten Hildolfs, Erzbischofs von Trier, lebte daselbst Pfalzgraf Siegfried, mit Genofeva seiner Gemahlin, einer Herzogstochter aus Brabant, schön und fromm. Nun begab es sich, daß ein Zug wider die Heiden geschehen sollte, und Siegfried in den Krieg ziehen mußte; da befahl er Genofeven, im meifelder
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 280. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_300.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)