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merk und verstehe, und bedünket mich, nach Frieden dienete uns dieser Zeit Gelegenheit am besten. Weil es aber Gott anders ausersehen, auch Euer Gnaden anders gefällt: so muß ich folgen, und will euch in künftiger Schlacht, es laufe wie es wolle, so mannlich beistehen, und mein Leib und Leben bei euch lassen, als getreulich ich jetzt zum Frieden rathe." Welchem er auch als ein redlicher Mann nachgelebt, und ist nebst dem Hochmeister, nachdem er sich tapfer gegen den Feind gehalten, auf der Wahlstadt geblieben.

Da nun dieser Comthur zur Schlacht auszog, und gewappnet aus dem Schlosse ritt, begegnete ihm ein Chorherr, der seiner spottete, und ihn höhnisch fragte: „wem er das Schloß in seinem Abwesen befehlen wollte?" Da sprach er aus großem Zorn: „dir und allen Teufeln, die zu diesem Kriege gerathen haben!" Demnach, als die Schlacht geschehen, und der Comthur umgekommen, hat solch eine Teufelei und Gespenst in dem Schlosse anfangen zu wanken und zu regieren, daß nachmals kein Mensch darinne bleiben und wohnen konnte. Denn so oft die Ordensbrüder im Schlosse aßen, so wurden alle Schüsseln und Trinkgeschirr voll Bluts; wann sie außerhalb des Schlosses aßen, wiederfuhr ihnen nichts dergleichen. Wenn die Knechte wollten in den Stall gehen, kamen sie in den Keller und tranken so viel, daß sie nicht mehr wußten, was sie thaten. Wenn der Koch und sein Gesinde in die Küche ging, so fand er Pferde darin stehen, und war ein Stall daraus

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 272. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_292.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)