Seite:Deutsche Sagen (Grimm) V2 282.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


das Gebiet, welches noch heutiges Tages dem Kloster unterworfen ist.






527.
Ritter Ulrich, Dienstmann zu Wirtenberg.
Altd. Gedicht im Cod. vindob. phil. 119. fol. 188–192.


Eine Burg liegt in Schwabenland, geheißen Wirtenberg, auf der saß vor Zeiten Graf Hartmann, dessen Dienstmann, Ritter Ulrich, folgendes Abentheuer begegnete. Als er eines Freitags in den Wald zu jagen zog, aber den ganzen Tag kein Wild treffen konnte, verirrte sich Ritter Ulrich auf unbekanntem Wege in eine öde Gegend, die sein Fuß noch nie betreten hatte. Nicht lange, so kamen ihm entgegen geritten ein Ritter und eine Frau, beide von edlem Aussehen; er grüßte sie höflich, aber sie schwiegen, ohne ihm zu neigen; da sah er derselben Leute noch mehr herbei ziehen. Ulrich hielt beiseit in dem Tann, bis fünfhundert Männer und eben so viel Weiber vorüber kamen, alle in stummer, schweigender Gebärde und ohne seine Grüße zu erwidern. Zu hinterst an der Schaar fuhr eine Frau allein, ohne Mann, die antwortete auf seinen Gruß: Gott vergelts! Ritter Ulrich war froh, Gott nennen zu hören, und begann diese Frau weiter zu fragen nach dem Zuge, und was es für Leute wären, die ihm ihren Gruß nicht gegönnt hätten? „Laßt’s euch nicht verdrießen – sagte die Frau – wir grüßen nicht, denn wir sind todte Leute.“ – „Wie kommt’s aber, daß euer Mund frisch

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 262. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_282.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)