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des Bösen. Alsbald ergriff ihn der Teufel, führte ihn schnell durch die Lüfte bis vor Braunschweig, legte ihn auf dem Giersberg nieder und rief: nun wache, Herr! ich kehre bald wieder. Heinrich aber war aufs höchste ermüdet, und der Schlaf setzte ihm mächtig zu. Nun fuhr der Teufel zurück, und wollte den Löwen, wie er verheißen hatte, auch abholen; es währte nicht lange, so kam er mit dem treuen Thiere daher geflogen. Als nun der Teufel, noch aus der Luft herunter, den Herzog in Müdigkeit versenkt auf dem Giersberge ruhen sah, freute er sich schon im Voraus; allein der Löwe, der seinen Herrn für todt hielt, hub laut zu schreien an, daß Heinrich in demselben Augenblicke erwachte. Der böse Feind sah nun sein Spiel verloren, und bereute es zu spät, das wilde Thier herbei geholt zu haben; er warf den Löwen aus der Luft herab zu Boden, daß es krachte. Der Löwe kam glücklich auf den Berg zu seinem Herrn, welcher Gott dankte und sich aufrichtete, um, weil es Abend werden wollte, hinab in die Stadt Braunschweig zu gehen. Nach der Burg war sein Gang, und der Löwe folgte ihm immer nach, großes Getöne scholl ihm entgegen. Er wollte in das Fürstenhaus treten, da wiesen ihn die Diener zurück. Was heißt das Getön und Pfeifen – rief Heinrich aus – sollte doch wahr seyn, was mir der Teufel gesagt? Und ist ein fremder Herr in diesem Haus? „Kein fremder – antwortete man ihm – denn er ist unsrer gnädigen Frauen verlobt, und bekommt heute das braunschweiger Land.“

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 245. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_265.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)