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aus weiter Ferne; alsobald sprang er in die Wogen, und schwamm so lange, bis er auf dem Floß bei dem Herzogen war, zu dessen Füßen er sich ruhig niederlegte. Hierauf fuhren sie eine Zeit lang auf den Meereswellen, bald überkam sie Hunger und Elend. Der Held betete und wachte, hatte Tag und Nacht keine Ruh; da erschien ihm der böse Teufel und sprach: Herzog, ich bringe dir Botschaft; du schwebst hier in Pein und Noth auf dem offenen Meere, und daheim zu Braunschweig ist lauter Freude und Hochzeit; heute an diesem Abend hält ein Fürst aus fremden Landen Beilager mit deinem Weibe; denn die gesetzten sieben Jahre seit deiner Ausfahrt sind verstrichen. Traurig versetzte Heinrich: das möge wahr seyn, doch wolle er sich zu Gott lenken, der alles wohl mache. „Du redest noch viel von Gott – sprach der Versucher – der hilft dir nicht aus diesen Wasserwogen; ich aber will dich noch heute zu deiner Gemahlin führen, wofern du mein seyn willst."“ Sie hatten ein lang Gespräche, der Herr wollte sein Gelübde gegen Gott, dem ewigen Licht, nicht brechen; da schlug ihm der Teufel vor: er wolle ihn ohne Schaden sammt dem Löwen noch heut Abend auf den Giersberg vor Braunschweig tragen und hinlegen, da solle er seiner warten; finde er ihn nach der Zurückkunft schlafend, so sey er ihm und seinem Reiche verfallen. Der Herzog, welcher von heißer Sehnsucht nach seiner geliebten Gemahlin gequält wurde, ging dieses ein, und hoffte auf des Himmels Beistand wider alle Künste

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 244. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_264.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)