theure Held wehrte sich tapfer und schlug sie sämmtlich
zu Tode. Als er sich aus dieser Noth befreit sah,
schnitt er eine Greifenklaue ab, die er zum Andenken
mit sich nahm, stieg aus dem Neste den hohen Baum
hernieder, und befand sich in einem weiten wilden
Wald. In diesem Walde ging der Herzog eine gute
Weile fort; da sah er einen fürchterlichen Lindwurm
wider einen Löwen streiten, und der Löwe schwebte in
großer Noth zu unterliegen. Weil aber der Löwe
insgemein für ein edles und treues Thier gehalten
wird, und der Wurm für ein böses, giftiges: säumte
Herzog Heinrich nicht, sondern sprang dem Löwen mit
seiner Hülfe bei. Der Lindwurm schrie, daß es durch
den Wald erscholl, und wehrte sich lange Zeit; endlich
gelang es dem Helden, ihn mit seinem guten Schwerte
zu tödten. Hierauf nahte sich der Lowe, legte sich zu
des Herzogs Füßen neben den Schild auf den Boden,
und verließ ihn nimmer mehr von dieser Stunde an.
Denn als der Herzog nach Verlauf einiger Zeit, während
welcher das treue Thier ihn mit gefangenem
Hirsch und Wild ernähret hatte, überlegte, wie er
aus dieser Einöde und der Gesellschaft des Löwen wieder
unter die Menschen gelangen könnte, baute er sich
eine Horde aus zusammen gelegtem Holz mit Reiß
durchflochten, und setzte sie aufs Meer. Als nun ein
Mal der Löwe in den Wald zu jagen gegangen war,
bestieg Heinrich sein Fahrzeug und stieß vom Ufer ab.
Der Löwe aber, welcher zurück kehrte und seinen Herrn
nicht mehr fand, kam zum Gestade und erblickte ihn.
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 243. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_263.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)