daß man sie nun gewiß, ihren eigenen Reden nach,
Ehbruchs zeihen würde, befahl sie der Kellnerin, die
andern elfe (denn das zwölfte behielt sie) in den nächsten
Bach zu tragen, und zu ersäufen. Indem nun
die Alte diese elf unschuldigen Knäblein in ein großes
Becken gefaßt, in den vorfließenden Bach, die Scherz
genannt, tragen wollte: schickte es Gott, daß der
Isenbart selber heim kam, und die Alte frug, was sie
da trüge? Welche antwortete: es wären Welfe
oder junge Hündlein. Laß schauen – sprach der Graf
– ob mir einige zur Zucht gefallen, die ich zu meiner
Nothdurft hernach gebrauchen will. Ei, ihr habt
Hunde genug – sagte die Alte und weigerte sich – ihr
möchtet ein Grauen nehmen, sähet ihr einen solchen
Wust und Unlust von Hunden. Allein der Graf ließ
nicht ab, und zwang sie hart, die Kinder zu blößen
und zu zeigen. Da er nun die elf Kindlein erblickte,
wiewohl klein, doch von adlicher, schöner Gestalt und
Art, fragte er heftig und geschwind: weß die Kinder
waren. Und als die alte Frau bekannte, und ihn
des ganzen Handels verständigte „wie daß nämlich die
Kindlein seinem Gemahl zustünden, auch aus was
Ursach sie hätten umgebracht werden sollen" befahl
der Graf diese Welfen einem reichen Müller der Gegend,
welcher sie aufziehen sollte, und verbot der Alten ernstlich,
daß sie wiederum zu ihrer Frau ohne
Furcht und Scheu gehen, und nichts anders sagen
sollte, als: ihr Befehl sey ausgerichtet und vollzogen
worden.
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 234. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_254.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)