Befehl: daß sie ihn mit vielen und, reichen Verheißungen
dahin bewegen sollten, das Schloß Osterwitz ihr
zu übergeben, und mit den Seinen frei abzuziehen.
Als auf solche Werbung Herr Reinher Schenk abschläglich
antwortete und sagen ließ „er müsse ein Kind
seyn, wenn er darauf horchen und nach ihren Drohungen
fragen wollte“ also daß die Gesandten mit betrübtem
Herzen ins Lager zurück kamen: riethen ihr
alle, den Ort, da mit Gewalt nichts auszurichten wäre,
auszuhungern, und mit solchem Mittel den kärnthischen
Adel zum Brett zu treiben. Welchem getreuen
Rath auch Frau Maultasch nachkommen wollte,
weil doch keine andere Gelegenheit vorhanden war,
ihres Willens habhaft zu werden.
Weil dann nun diese Belagerung ziemlich lange gewähret, entstand hiezwischen in dem Schloß zu Osterwitz nicht allein unter den gemeinen Knechten, sondern auch denen von Adel, sonderlich aber bei dem Frauenzimmer ein großer Mangel in allen Sachen, vornehmlich aber an Wasser, daß auch täglich viel umkamen. Dann es waren von den drei Hundert Knechten kaum Hundert überblieben, die sich, gedrungener Weise, mit abscheulicher Speise, als Katzen-, Hund- und Roßfleisch ersättigen mußten. Indem sich nun etliche vornehme Herren, und vom Adel deßwegen mit einander berathschlagten, wie den Sachen zu thun wäre, erfanden sie endlich einen trefflich guten und erwünschten Weg. Denn, als sie täglich den großen Jammer vermerkten, und ihnen gar schmerzlich war, daß sie
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 217. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_237.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)