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zu Theil würde. Und schickte zwei seiner Diener in die Mühle, daß sie das neugeborne Kind tödteten, und zu dessen Sicherheit ihm des Kindes Herz brächten; denn er müsse es haben zu einer Buße. Die Diener mußten dem Kaiser genug thun, fürchteten doch Gott und wollten das Kind nicht tödten; denn es war gar ein hübsches Knäbelein, und legten’s auf einen Baum, darum, daß etwer des Kindes inne würde.

Dem Kaiser brachten sie eines Hasen Herz, das warf er den Hunden vor, und meinte damit zuvor gekommen zu seyn der Stimme der Weissagung.

In den Weilen jagte Herzog Heinrich von Schwaben auf dem Wald, und fand das Kind mutterallein da liegen. Und sah, daß es neugeboren war, und brachte es heimlich seiner Frauen, die war unfruchtbar, und bat sie, daß sie sich des Kindes annähme, sich in ein Kindbett legte, und das Kind wie ihr natürliches hätte; denn es sey ihnen von Gott geschickt worden. Die Herzogin that es gern, und also ward das Kind getauft und ward Heinrich geheißen; niemand aber hielt es anders als für einen Herzogen zu Schwaben. Und da das Kind also erwuchs, ward es König Conrad gesandt zu Hof. Der hieß diesen Knaben öfter vor sich stehen, denn die andern Junkern an seinem Hofe, von seiner klugen Weisheit und Höflichkeit wegen. Nun geschah es, daß dem Kaiser eine Verleumdung zu Ohren kam: der junge Herr wäre nicht ein rechter Herzog von Schwaben, sondern ein geraubt Kind. Da der Kaiser das vernahm, rechnete

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 178. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_198.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)