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Stimme drei Mal zu ihm: „wohlauf, Carl lieber! fahr gen Rom, dich fordert Leo dein Bruder.“

Schier bereitete er sich zu der Fahrt, offenbarte aber niemand was er vor hatte, bis er den König seinen Vater um Urlaub bat; er sprach: „ich will gerne den Pabst sehen, und zu Rom in der Hauptstadt beten.“

Mit reicher Gabe ausgerüstet hob sich Carl auf den Weg, und betete mit nassen Augen zu Gott, still, daß es niemand innen wurde. Zu Rom ward er von Alten und Jungen wohl empfangen; der Pabst sang eine heilige Messe; alle Römer sprachen, daß Carl ihr rechter Vogt und Richter seyn sollte.

Carl achtete ihrer Rede nicht, denn er war um zu beten dahin gekommen, und ließ sich durch nichts irren. Mit bloßen Füßen besuchte er die Kirchen, flehte inniglich zu Gott und dingte um seine Seele. So diente er Gott vier Wochen lang; da warfen sich der Pabst sein Bruder, und all das Volk, vor ihm nieder, er empfing die theure Krone, und alle riefen Amen.

König Carl saß zu Gericht; der Papst klagte ihm, daß die Zehenden, Witthümer und Pfründen von den Fürsten genommen wären. „Das ist ja der Welt Brauch – sagte Carl – was einer um Gottes Willen gibt, nimmt der andere hin. Wer diesen, offenen Raub begeht, ist kein guter Christ. Ich kann jetzt diese Klage noch nicht richten; erlebe ich aber den Tag,

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 133. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_153.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)