sie Frist. Des dritten Tages hieß er sie wiederkommen.
Da zogen sie Nothschein, (beriefen sich auf
gesetzliche Hinderniß) des vierten Tags eben so, des
fünften auch so. Dies sind die zwei Fristen, und die
drei Nothscheine, die die freien Friesen mit Recht
haben sollen. Des sechsten Tages hieß er sie Recht
kören. Da sprachen sie: sie könnten nicht. Da
sprach der König: nun leg ich euch vor drei
Kören, was euch lieber ist: daß man euch tödte?
oder daß ihr alle eigen (leibeigen) werdet? oder daß
man euch ein Schiff gebe, so fest und so stark, daß
es eine Ebbe und eine Flut mag ausstehen, und das
sonder Riem und Ruder, und sonder Tau? Da erkoren
sie das Schiff, und fuhren aus mit der Ebbe
so fern weg, daß sie kein Land mehr sehen mochten.
Da war ihnen leid zu Muth. Da sprach einer, der
aus Wittekinds Geschlecht war, des ersten Asegen
(Richters): „ich habe gehört, daß unser Herr Gott,
da er auf Erden war, zwölf Jünger hatte, und er
selbst der dreizehnte war, und kam zu jedem bei
beschlossenen Thüren, tröstete und lehrete sie; warum
bitten wir nicht, daß er uns einen dreizehnten sende,
der uns Recht lehre, und zu Lande weise?“ Da fielen
sie alle auf ihre Knie, und beteten inniglich. Da sie
die Betung gethan hatten, sahen sie einen dreizehnten
am Steuer sitzen, und eine Achse auf seiner Achsel,
da er mit ans Land steuerte, gegen Strom und
Wind. Da sie zu Land kamen, da warf er mit der
Achse auf das Land, und warf einen Erdwasen auf.
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 119. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_139.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)