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auf alle Weise; während sie das andere, welches ihr rechter Sohn war, nicht im Geringsten achtete.





437.
Hildegard.
Annales campidonenses.

Nic. Frischlini comoedia: Hildegardis magna.
Vergl. Vinc. bellovac. sp. hist. VII. c. 90-92. und das altd. Gedicht Crescentia.


Kaiser Carl war im Heereszug, und hatte die schöne Hildegard seine Gemahlin zu Hause gelassen. Während der Zeit muthete ihr Taland, Carls Stiefbruder an, daß sie zu seinem Willen seyn möchte. Aber die tugendhafte Frau wollte lieber den Tod leiden, als ihrem Herrn Treue brechen; doch verstellte sie sich, und gelobte dem Bösewicht in sein Begehren zu willigen, so bald er ihr dazu eine schöne Brautkammer würde haben bauen lassen. Alsbald baute Taland ein kostbares Frauengemach, ließ es mit drei Thüren verwahren, und bat die Königin, hinein zu kommen und ihn zu besuchen. Hildegard that als ob sie ihm nachfolgte, und bat ihn voraus zu gehen; als er fröhlich durch die dritte Thüre gesprungen war, warf sie schnell zu und legte einen schweren Riegel vor. In diesem Gefängniß blieb Taland eine Zeit lang eingeschlossen, bis Carl siegreich aus Sachsen heimkehrte; da ließ sie ihn aus Mitleiden und auf vielfältiges erheucheltes Flehen und Bitten los, und dachte, er wäre genug gestraft. Carl aber, als er

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_122.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)