so ward des Königs Tochter sehend und redend, und
rief mit lauter Stimme, und das erste Wort, das sie
sprach, sprach sie also: „sehet! dort reitet Florentius
her, durch dessen Gnade mich Gott sehend und redend
gemacht hat.“ Da erschraken der König und die
Königin von Wunder und von Freuden, und alles
Volk lief aus gegen dem heiligen Manne, und empfingen
ihn gar ehrwürdiglich und fielen zu seinen Füßen,
um des Zeichens Willen, das Gott durch ihn gewirkt
hatte. Der König aber gab die Gebreite (Ebene)
und Stätte, wo Florentius wohnte und nun Haselo
liegt, ihm zu eigen, und auch sein selbes Besitzthum
zu Kirchheim. Da bat der Heilige noch König Dagobert,
daß er ihm sein Ländlin unterschiede (abgrenzte),
daß er desto besser möchte wissen, wie weit und breit
er hätte. Da sprach der König: was du mit deinem
Eselein magst umfahren, bis ich aus dem Bade gehe
und meine Kleider anthue, das soll alles zu dir und
deiner Wohnung hören. Da wußte Florentius wohl,
wie lange der König hätte Gewohnheit im Bade zu
sitzen, eilte weg mit seinem Eselein, und fuhr über
Berg und Thal, viel mehr und weiter, denn einer
möchte gethan haben auf schnellem Pferde in zwei
Mal so langer Zeit. Und fuhr wieder zum König,
und kam zeitig genug, wie es beredet worden war.
Und nach Arbogasts Tode ward Florentius einhelliglich
von allem Volke, Laien und Pfaffen, zum Bischof
von Straßburg gewählt.
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 99. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_119.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)