können; das weiß ich aber, so wahr ich lebe, würden
sie ertappt, so ließ ich den einen an den Galgen
hängen, den andern in tausend Stücken zerhauen mit
Schwertschlägen.“ Der die Worte sprach, war ihr
Herr der Franken, welcher aus Rheims herkam, sie
zu suchen, und sie unfehlbar gefunden hätte, wo nicht
die Nacht dazwischen gekommen wäre. Nach diesem
ritten die Männer wieder weiter, jene aber erreichten
noch selbe Nacht glücklich die Stadt, gingen hinein
und suchten einen Bürger auf, den sie fragten: „wo
Paullulus des Priesters Haus wäre?“ Der Bürger
zeigte ihnen das Haus. Als sie aber durch die Gasse
gingen, läutete das Zeichen zur Frühmette; denn es
war Sonntag. Sie aber klopften an des Priesters Thüre,
und sie ward aufgethan. Der Knabe fing an zu erzählen
von seinem Herrn. Da sprach der Priester: „so
wird wahr mein Traum! denn es träumte mir heunt
von zweien Tauben, die flogen her und setzten sich auf
meine Hand. Und eine von ihnen war weiß, die andere
schwarz.“ Die Knaben sagten dem Priester:
„weil ein heiliger Tag heute ist, bitten wir, daß du
uns etwas Speise gebest; denn heute leuchtet der
vierte Tag, daß wir kein Brot noch Muß genossen
haben." Er barg aber die Knaben bei sich, gab ihnen
Brot mit Wein begossen, und ging in seine Metten.
Der Franke war auch an diesen Ort gegangen,
und hatte die Knaben gesucht; als ihm aber der Priester
eine Täuschung vorgesagt, kehrte er zurück.
Denn der Priester stand in alter Freundschaft mit
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 89. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_109.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)