sagte Leo – daß wir an unser Vaterland denken; ich
mahne dich, wenn du heut Nacht die Pferde in den
Stall gebracht hast, so laß dich nicht vom Schlaf
bewältigen; sondern sey munter, wann ich dich rufe,
daß wir uns alsobald fortmachen können.“ Der Franke
hatte aber wieder viele Verwandten und Freunde zu
Gast geladen, unter andern den Schwiegersohn, der
mit seiner Tochter verheurathet war. Als sie nun
um Mitternacht aufstiegen, und schlafen gehen wollten,
reichte Leo seines Herrn Schwiegersohn einen
Becher zu trinken. Der scherzte und sprach: „wie,
Leo? möchtest du wohl mit deines Herren Pferden
durchgehen, und wieder in deine Heimath?“ Er
antwortete gleichsam scherzweise die Wahrheit, und
sagte: „ja heunt Nacht, wenns Gottes Wille ist.“
„Wenn mich nur – erwiederte der Schwiegersohn – mine
Leute gut bewachen, daß du mir nichts von
meinen Sachen mit entführest.“ So im Lachen schieden
sie von einander. Wie aber alle entschlafen waren,
rief Leo den Attalus aus dem Bett. „Hast du
ein Schwert?“ – „Nein, blos einen kurzen Spieß."
– Da ging Leo in seines Herrn Gemach, und nahm
Schild und Lanze. Der Herr aber fragte halbwach:
wer bist du, und was willst du? – Leo bin ich, dein
Diener; und ich wecke den Attalus, daß er früh aufstehe,
und die Pferde zur Weide führe. Denn er verschläft
sich, und ist noch trunken.“ Der Herr sprach
„thu, wie du meinst;“ und nach diesen Worten
schlief er von neuem ein. Leo aber ging zur Thür
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_107.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)