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das Gold hin; sie gingen von einander, ihres Handels beide froh. Die Thüringer lobten den ihrigen, daß er um so schlechten Preis so vieles Gold erlangt; der Sachse aber kam mit der Erde zu den Schiffen, und rief, da ihn etliche thöricht schalten, die Sachsen ihm zu folgen auf; bald würden sie seine Thorheit gut heißen. Wie sie ihm nun nachfolgten, nahm er Erde, streute sie fein dünne auf die Felder aus, und bedeckte einen großen Raum. Die Thüringer aber, welche das sahen, schickten Gesandte, und klagten über Friedensbruch. Die Sachsen ließen sagen: „den Bund haben wir jederzeit und heilig gehalten, das Land, das wir mit unserm Gold erworben, wollen wir ruhig behalten, oder es mit den Waffen vertheidigen.“ Hierauf verwünschten die Einwohner das Gold, und den sie kürzlich gepriesen hatten, hielten sie für ihres Unheiles Ursächer. Die Thüringer rennten nun zornig auf die Sachsen ein, die Sachsen aber behaupteten durch das Recht des Krieges das umliegende Land. Nachdem von beiden Theilen lange und heftig gestritten war, und die Thüringer unterlagen, so kamen sie überein: an einem bestimmten Ort, jedoch ohne Waffen, des neuen Friedens wegen zusammen zu gehen. Bei den Sachsen nun war es hergebrachte Sitte, große Messer zu tragen, wie die Angeln noch thun, und diese nahmen sie unter ihren Kleidern auch mit in die Versammlung. Als die Sachsen ihre Feinde so wehrlos, und ihre Fürsten alle gegenwärtig sahen, achteten sie die Gelegenheit für gut, um sich

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_086.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)