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bestattet. Dieser Rathald war der Sohn Rathers, des Sohnes Walthers und Hildgundens. Des Rathalds Haupt hatte einst eine Frau, die Betens halber zu der Grabstätte gekommen war, heimlich mitgenommen und auf ihre Burg gebracht. Als eines Tages Feuer in dieser Burg ausbrach, erinnerte sie sich des Hauptes, zog es heraus, und hielt es der Flamme entgegen. Alsobald erlosch die Feuersbrunst. Nach dem letzten Einbruch der Heiden, und bevor der heil. Ort wieder erbaut wurde, wußte niemand von den Einwohnern mehr, wo Walthers Grab war. Dazumal lebte in der Stadt Segusium eine sehr alte Wittwe, Namens Petronilla, gebückt am Stabe einhergehend, und wenig mehr sehend aus ihren Augen. Dieser hatten die Heiden ihren Sohn Maurinus gefangen weggeführt, und über dreißig Jahre mußte er bei ihnen dienen. Endlich aber erlangte er die Freiheit, und wanderte in seine Heimath zurück. Er fand seine Mutter vom Alter beinahe verzehrt; sie pflegte sich täglich auf einem Felsen bei der Stadt an der Sonne zu wärmen, und die Leute gingen oft zu ihr, und fragten nach den Alterthümern; sie wußte ihnen Mancherlei zu erzählen, zumal vom novalesischen Kloster, viele unerhörte Dinge, die sie theils noch gesehen, theils von ihren Eltern vernommen hatte. Eines Tages ließ sie sich wiederum von einigen Männern herumführen, denen wies sie Walthers Grab, das man nicht mehr kannte, so wie sie es von ihren Vorfahren gehört hatte; wiewohl ehemals keine Frau

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_081.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)