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denn wir haben keinen klügeren, weiseren Bruder.“ Walther aber, der sich wohl bewußt war, er werde den Trotz und Hochmuth jener Leute nicht ertragen können, versetzte: „sie werden mir mein Mönchskleid ausziehen.“ „Wenn sie dir dein Kleid ausziehen,“ sprach Asinarius, „so gib ihnen noch die Kutte dazu und sag, also sey dirs von den Brüdern befohlen.“ Walther sagte: „wie soll ich mit dem Pelz und Unterkleid verfahren.“ „Sag, versetzte der ehrwürdige Vater, es sey von den Brüdern befohlen worden, sich auch diese Stücken nehmen zu lassen.“ Darauf setzte Walther hinzu: „zürne mir nicht, daß ich weiter frage, wenn sie auch mit den Hosen thun wollen, wie mit dem übrigen?“ „Dann, antwortete der Abt, hast du deine Demuth schon hinlänglich bewiesen; denn in Ansehung der Hosen kann ich dir nicht befehlen, daß du sie ihnen lassest.“

Hiermit war Walther zufrieden, ging hinaus und fragte die Klosterleute: „ob hier ein Pferd wäre, auf dem man im Nothfall einen Kampf wagen dürfe?“ „Es sind hier gute, starke Karrengäule, antworteten jene.“ Schnell ließ er sie herbeiführen, bestieg einen und spornte ihn, und dann einen zweiten, verwarf sie aber beide, und nannte ihre Fehler. Dann erinnerte er sich eines guten Pferdes, das er einst mit ins Kloster gebracht habe, und frug, ob es noch lebendig wäre? „Ja Herr – sagten sie – es lebt noch, ist aber ganz alt und dient bei den Bäckern, denen es täglich Korn in die Mühle trägt, und wieder holt.“

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 58. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_078.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)