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in die Worte aus: „Weh dir Herulerland, der Zorn des Himmels hat dich betroffen!"“ Das hörte Rodulf und sprach: „wie, fliehen meine Heruler?“ „Nicht ich, rief jener, sondern du König hast dies Wort gesprochen.“ Da traf den König Schrecken und Verwirrung, daß er und seine umstehenden Leute keinen Rath wußten, und bald die lombardischen Haufen einbrachen und alles erschlugen. Da fiel Rodulf, ohne männliche That. Und über der Heruler Macht, wie sie hierhin und dorthin zerstreut wurde, waltete Gottes Zorn schrecklich. Denn als die Fliehenden blühende Flachsfelder vor sich sahen, meinten sie vor einem schwimmbaren Wasser zu stehen, breiteten die Arme aus, in der Meinung zu schwimmen, und sanken grausam unter der Feinde Schwert. [1] Die Lombarden aber trugen unermeßliche Beute davon, und theilten sie im Lager; Rodulfs Fahne und Helm, den er in den Schlachten immer getragen hatte, bekam Tato, der König. Von der Zeit an war alle Kraft der Heruler gebrochen, sie hatten keine Könige mehr; die Longobarden aber wurden durch diesen Sieg reicher

und mächtiger, als je vorher.


  1. Diesen poetischen und ganz sagenhaften Zug hat auch Aimoin in seinen kurzen Excerpten aus Paulus (Lib. 2. cap. 13.)
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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_053.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)