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rief seinen Leuten und sprach: „seht, diese Vögel, die der Zukunft kündig sind, verlassen die bald untergehende Stadt und die einstürzenden Häuser!“ Da schöpfte das Heer neuen Muth, und sie bauten Werkzeuge und Mauerbrecher; Aquileja fiel im Sturm und ging in den Flammen auf; diese Stadt wurde so verheert, daß kaum die Spuren übrig blieben, wo sie gestanden hatte.


382.
Der Fisch auf der Tafel.
Procopius Lib. I. c. I.

Theoderich, der Ostgothen König, nachdem er lange Jahre in Ruhm und Glanz geherrscht hatte, befleckte sich mit einer Grausamkeit am Ende seines Lebens. Er ließ seine treuen Diener Symmachus und den weisen Boethius, auf die Verleumdung von Neidern, hinrichten und ihre Güter einziehen.

Als nun Theoderich wenige Tage darauf zu Mittag aß, geschah es, daß seine Leute den Kopf eines großen Fisches zur Speise auftrugen. Kaum erblickte ihn der König auf der Schüssel liegen, so schien ihm der Kopf der des enthaupteten Symmachus zu seyn, wie er die Zähne in die Unterlippe biß, und mit verdrehten Augen drohend schaute. Erschrocken und von Fieberfrost ergriffen eilte der König ins Bett, beweinte seine Unthat, und verschied in kurzer Zeit. Dies war die erste und letzte Ungerechtigkeit, die er begangen

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 2. Nicolai, Berlin 1818, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V2_038.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)