Seite:Deutsche Sagen (Grimm) V1 495.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


halten, aber es gab nach, als ob es von Wachs wäre, also daß sich die Fugen seiner Faust deutlich ins Eisen drückten. Ehe der Ritter ganz versank, ergriff ihn die Reue, der Priester nahm ihm die Hostie wieder aus dem Mund, welche sich, wie sie des Sünders Zunge berührt, alsbald mit, Blut überzogen hatte. Bald darauf stiftete er an der Stätte ein Kloster und wurde selbst als Laie hineingenommen. Noch heute ist der Griff auf dem Eisen zu sehen und von der ganzen Geschichte ein Gemählde vorhanden.

Seine Frau, als sie von dem heimkehrenden Volk erfuhr, was sich in der Kirche zugetragen, glaubte nicht daran, sondern sprach: „das ist so wenig wahr, als aus dem dürren und verfaulten Stock da Rosen blühen können.“ Aber Gott gab ein Zeichen seiner Allmacht und alsbald grünte der trockne Stock und kamen schöne Rosen, aber schneeweiße, hervor. Die Sünderin riß die Rosen ab und warf sie zu Boden, in demselben Augenblick ergriff sie der Wahnsinn und sie rannte die Berge auf und ab, bis sie andern Tags todt zur Erde sank.


356.
Der Sterbensstein.
Kleine Gemälde der Schweiz von Appenzeller. Winterthur 1810. S. 172.

In Oberhasli auf dem Weg nach Gadmen, unweit Mayringen, liegt am Kirchetbuel, einer engen Felsschlucht, durch welche vor Jahrhunderten sich die trübe Aar wälzte, ein Stein auf der Erde, in welchem

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 1. Nicolai, Berlin 1816, Seite 459. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V1_495.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)