Seite:Deutsche Sagen (Grimm) V1 477.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


nicht nachgelassen mit Klopfen, nun glaubte der Burgermeister, daß sie wirklich da wäre; mit Freuden wurde ihr aufgethan und sie wieder völlig zum Leben gebracht. Den andern Tag schauten die Pferde noch aus dem Bodenloch und man mußte ein großes Gerüste anlegen, um sie wieder lebendig und heil herabzubringen. Zum Andenken der Geschichte hat man Pferde ausgestopft, die aus diesem Haus zum Boden herausgucken. Auch ist sie in der Apostelkirche abgemahlt, wo man überdem einen langen leinenen Vorhang zeigt, den Frau Richmuth nachher mit eigner Hand gesponnen und dahin verehrt hat. Denn sie lebte noch sieben Jahre.





341.
Zusammenkunft der Todten.
Mündlich, aus Hessen.


Eine Königin war gestorben und lag in einem schwarz ausgehängten Trauersaal auf dem Prachtbette. Nachts wurde der Saal mit Wachskerzen hell erleuchtet und in einem Vorzimmer befand sich die Wache: ein Hauptmann mit neun und vierzig Mann. Gegen Mitternacht hört dieser, wie ein sechsspänniger Wagen rasch vor das Schloß fährt, geht hinab und eine in Trauer gekleidete Frau, von edlem und vornehmem Anstande, kommt ihm entgegen und bittet um die Erlaubniß, eine kurze Zeit bei der Todten verweilen zu dürfen. Er stellt ihr vor, daß er nicht die Macht

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 1. Nicolai, Berlin 1816, Seite 441. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V1_477.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)