Seite:Deutsche Sagen (Grimm) V1 454.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


den nächsten Berggipfel trennte ein breites Thal. Sie blieb hier so lange, daß sich ihre Fußtapfe ellentief in den Felsen drückte, wovon heut zu Tag noch die schwachen Spuren zu sehn sind. Ihres Zögerns lachte höhnisch ein Knecht des Menschenvolks, das diese Gegend bewohnte, und der bei Harzgerode pflügte. Die Hühnin merkte das, streckte ihre Hand aus und hob den Knecht sammt Pflug und Pferden in die Höhe, nahm alles zusammen in ihr Obergewand und sprang damit über das Thal weg und in einigen Schritten hatte sie ihre Gespielin erreicht.

Oft hört man erzählen: die Königstochter sey in ihrem Wagen gefahren kommen und habe auf das jenseitige Gebirg gewollt. Flugs that sie den Wagen nebst den Pferden in die Schürze und sprang von einem Berg nach dem andern.

Endlich werden die Fußtritte einer Bauerdirne zugeschrieben, die zu ihrem Liebhaber, einem Schäfer, jenseits den Sprung gemacht und beim Ansatz so gewaltig aufgetreten habe, daß sich ihre Spur eindrückte. Auch ein Ziegenbock scheint hierbei im Spiel gewesen zu seyn.





320.
Der Jungfernsprung.
Peschek’s Oybin bei Zittau. Leipz. 1804. S. 33. 34.


In der Lausitz unfern der böhmischen Grenze ragt ein steiler Felsen, Oybin genannt, hervor, auf dem

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 1. Nicolai, Berlin 1816, Seite 418. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V1_454.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)