Seite:Deutsche Sagen (Grimm) V1 346.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


wie sie in die Brautkammer gingen, hörte die Nachbarschaft ringsumher einen fürchterlichen Donner schlagen. Am Morgen war das Schloß verschwunden, kein Weg und Steg führte zum Felsen und auf dem Gipfel saß die Braut in dem steinernen Bette, welches man noch jetzt deutlich sehen und betrachten kann. Kein Mensch konnte sie erretten, und jeder der versuchen wollte, die Steile zu erklettern, stürzte herab. So mußte sie verhungern und verschmachten; ihren todten Leichnam fraßen die Raben.





230.
Zum Stehen verwünscht.
Prätorius Weltbeschr. I. 659-661.


Im Jahr Christi 1545. begab sichs zu Freiberg in Meißen, daß Lorenz Richter, ein Weber seines Handwerks, in der Wein-Gasse wohnend, seinem Sohn, einem Knaben von vierzehn Jahren, befahl, etwas eilend zu thun; der aber verweilte sich, blieb in der Stube stehen und ging nicht bald dem Worte nach. Deßwegen der Vater entrüstet wurde und im Zorn ihm fluchte: „ei stehe, daß du nimmermehr könnst fortgehen!“ Auf diese Verwünschung blieb der Knabe alsbald stehen, konnte von der Stelle nicht kommen und stand so fort drei ganzer Jahre an dem Ort, also daß er tiefe Gruben in die Dielen eindrückte, und ward ihm ein Pult untergesetzt, darauf er mit Haupt und

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 1. Nicolai, Berlin 1816, Seite 310. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V1_346.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)