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207.
Die Teufels-Hufeisen.

Prätorius Weltbeschr. II. 362.
Einigermaßen ausführlicher und mit andern Umständen erzählt in Franciser
lust. Schaubühne Th. I. S. 801 und in der Zungensünde S. 173-175.


Zu Schwarzenstein, eine halbe Meile von Rastenburg in Preußen, hangen zwei große Hufeisen in der Kirche, davon eine gemeine Sage ist: es war daselbst eine Krügerin (Bierwirthin), die den Leuten das Bier sehr übel zumaß, die soll der Teufel des Nachts vor die Schmiede geritten haben. Ungestüm weckte er den Schmied auf und rief: „Meister, beschlagt mir mein Pferd!“ Der Schmied war nun gerade der Bierschenkin Gevatter, daher, als er sich über sie hermachte, raunte sie ihm heimlich zu: „Gevattermann, seyd doch nicht so rasch!“ Der Schmied, der sie für ein Pferd angesehen, erschrack heftig, als er diese Stimme hörte, die ihm bekannt däuchte und gerieth aus Furcht in Zittern. Dadurch verschob sich der Beschlag und der Hahn krähte. Der Teufel mußte zwar das Reißaus nehmen, allein die Krügerin ist lange nachher krank geblieben. Sollte der Teufel alle Bierschenken, die da knapp messen, beschlagen lassen, würde das Eisen gar theuer werden.


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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 1. Nicolai, Berlin 1816, Seite 284. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V1_320.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)