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den Namen Jungfrausprung schon von etlichen hundert Jahren her führt. Als nämlich auf eine Zeit ein üppiger und gottloser Gesell einem ehrbaren Bauer-Mägdlein lang und ungestüm nachstrebte und er sie zuletzt nach vielen Ausspähungen auf besagtem Berg ertappte, erschrack sie und wagte einen Sprung. Sie sprang von dem Berg über den ganzen Fluß, Mur genannt, bis auf einen andern hohen Bühel jenseits. Davon heißt der Berg Jungfrausprung.


142.
Der Stierenbach.
Scheuchzer iter alp. p. 12. u. Kupfertafel 11.
Alpenrosen. 1813. S. 28. 29.

Mitten durch das Thal der Surenalp ergießt sich der Stierenbach, der aus dem Surenersee entspringt und einer gemeinen Sage nach, die sowohl die Leute in Uri, als in Engelsberg erzählen, durch folgende Geschichte den Namen erhalten haben soll. Vor mehrern hundert Jahren lebte hier ein Alpenhirt, der in seiner Heerde ein Lamm hatte, worauf er besonders viel hielt und dem er so zugethan war, daß er darauf verfiel, es taufen zu lassen und ihm einen Christennamen beizulegen. Was geschieht? Der Himmel, um diesen Frevel zu rächen, wandelte das Lamm in ein scheußliches Gespenst, welches bei Tag und Nacht auf der fruchtbaren Alpe umherging, alle Gräser und

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 1. Nicolai, Berlin 1816, Seite 212. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V1_248.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)