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In Hildesheim war ein Mann, der ein leichtfertiges Weib hatte, als er nun verreisen wollte, sprach er zu Hütchen: „mein guter Gesell, gib ein wenig Achtung auf mein Weib, dieweil ich aus bin, und siehe zu, daß alles recht zugeht.“ Hütchen that es und wie das Weib, nach der Abreise des Mannes, ihre Buhler kommen ließ und sich mit ihnen lustig machen wollte, stellte sich der Geist allzeit ins Mittel, verjagte sie durch Schreckgestalten oder wenn einer sich ins Bett gelegt, warf er unsichtbarer Weise ihn so unsauber heraus, daß ihm die Rippen krachten. So ging es einem nach dem andern, wie sie das leichtfertige Weib in die Kammer führte, so daß keiner ihr nahen durfte. Endlich, als der Mann wieder nach Hause kam, lief ihm der ehrbare Hüter voller Freuden entgegen und sprach: „deine Wiederkunft ist mir trefflich lieb, damit ich der Unruhe und Mühe, die du mir aufgeladen hast, einmal abkomme.“ Der Mann fragte: „wer bist du denn?“ Er antwortete: „ich bin Hütchen, dem du bei deiner Abreise dein Weib in seine Hut anbefohlen. Dir zu gefallen habe ich sie diesmal gehütet und vor dem Ehebruch bewahret, wiewohl mit großer und unablässiger Mühe. Allein ich bitte, du wollest sie meiner Hut nicht mehr untergeben, denn ich will lieber der Schweine in ganz Sachsen als eines einigen solchen Weibes Hut auf mich nehmen und Gewährschaft vor sie leisten, so vielerlei List und Ränke hat sie erdacht, mich zu hintergehen.“

Zu einer Zeit befand sich zu Hildesheim ein Geistlicher,

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 1. Nicolai, Berlin 1816, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V1_138.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)