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Dorant[1] erfassen, solches haltet fest und lassets aus der Hand nicht fahren. Dann werdet ihr wieder auf freien Fuß kommen und zu eurer Stelle gerathen.“ Kaum hatte sie ausgeredet, als der Nix, gelbkraus von Haar und bläulich von Augen, in die Stube trat; er hatte eine große Mulde voll Gold und setzte sie in dem schönen hellen Zimmer der Wehfrau vor, sprechend: „sieh da, nimm so viel du willt.“ Drauf nahm sie einen Goldgülden. Der Nix verzog sein Gesicht und machte grausame Augen, und sprach: „das hast du nicht von dir selber, sondern mit eines Weibes Kalbe gepflügt, die soll schon dafür leiden! und nun komm und geh mit mir.“ Drauf war sie aufgestanden und er führte sie hinaus; da bückte sie sich flugs und griff in ihre Hand Dosten und Dorant. Der Führer sagte dazu: „das heißt dich Gott sprechen und das hast du auch von meinem Weibe gelernt. Nun geh nur hin, wo du herkommen bist.“ Hierauf war sie aus dem Fluß ans Ufer gewesen, ging zur Stadt ein, deren Thore noch offen standen, und erreichte glücklich ihr Haus.

Eine andere Hebamme, bürtig aus Eschätz bei Querfurt, erzählte nachstehendes: in ihrer Heimath war der Ehmann ausgegangen und hatte seine Frau als Kindbetterin zu Haus lassen müssen. Um Mitternacht kam der Nix vors Haus, nahm die Sprache ihres Mannes an und rief zum Gartenfenster hinein: sie


  1. Marrubium vulg. Helfkraut, Gotteshülf.
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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 1. Nicolai, Berlin 1816, Seite 82. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V1_118.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)