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3.
Der Berg-Mönch im Harz.
Mündlich, am Harz.

Zwei Bergleute arbeiteten immer gemeinschaftlich. Einmal als sie anfuhren und vor Ort kamen, sahen sie an ihrem Geleucht, daß sie nicht genug Öhl zu einer Schicht auf den Lampen hatten. „Was fangen wir da an?“ sprachen sie mit einander, „geht uns das Öhl aus, so daß wir im Dunkeln sollen zu Tag fahren, sind wir gewiß unglücklich, da der Schacht schon gefährlich ist. Fahren wir aber jetzt gleich aus, um von Haus Öhl zu holen, so straft uns der Steiger und das mit Lust, denn er ist uns nicht gut.“ Wie sie also besorgt standen, sahen sie ganz fern in der Strecke ein Licht, das ihnen entgegen kam. Anfangs freuten sie sich, als es aber naher kam, erschraken sie gewaltig, denn ein ungeheurer, riesen-großer, Mann ging, ganz gebückt, in der Strecke herauf. Er hatte eine große Kappe auf dem Kopf und war auch sonst wie ein Mönch angethan, in der Hand aber trug er ein mächtiges Gruben-Licht. Als er bis zu den beiden, die in Angst da still standen, geschritten war, richtete er sich auf und sprach: „Fürchtet euch nicht, ich will euch kein Leids anthun, vielmehr Gutes“, nahm ihr Geleucht und schüttete Öhl von seiner Lampe darauf. Dann aber griff er ihr Gezäh und arbeitete ihnen in einer Stunde mehr, als sie selbst in der ganzen Woche

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 1. Nicolai, Berlin 1816, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V1_041.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)