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stehn lassen und diese Lebensfrage mit dem Einen Grunde zum völligen Klarsein und zur erfreulichen Endschaft zu führen uns erlauben,“ dass wohl darum in Deutschland noch kein Mensch auf den Stil der Staatszeitung aufmerksam geworden ist, weil sie keiner liest! Der nicht-preussische Westphale, um den es schade ist, dass er von dem christlichen Preussen noch erst erobert werden muss, fährt unmittelbar hinter dem blauen Baume fort: „So nahe liegend und natürlich uns für unsern Theil nun aber auch die Wahrnehmung der vorhandenen Thatsache des christlichen Staates zu sein scheint, so ist das doch keineswegs allerseits der Fall gewesen, denn sonst würde der christliche Staat nicht so viele Widersacher finden. Um es zu erklären, dass ein Begriff, eine Wahrnehmung überhaupt Gegner finden könne – müssen wir bemerken:“ – Ein Esel, der wahrgenommen wird, ist Eine Thatsache, und ein Löwe, der ihn frisst, wäre der Gegner dieser Thatsache. Der Westphale fährt im Stil und in der Logik, wie beides sich seit Hegels Tode in und ausser Preussen entwickelt hat, fort, und theilt die Gegner seiner Wahrnehmung in drei Abtheilungen:

1. Wird gesagt: „euer christlicher Staat ist noch gar nicht da.
2. Es kann überhaupt gar keinen christlichen Staat geben; der christliche Staat ist Unsinn.
3. Es soll gar keinen christlichen Staat geben.

Nun fängt er aber nicht mit 1 an, sondern mit 2 und 3.

„Beide, sagt er, laufen so ziemlich auf eins hinaus, nur dass die Einen bloss die Möglichkeit des christlichen Staats läugnen, die Andern ihn gar nicht haben wollen.“ Sie wollen ihn nicht, und bloss darum nicht, weil er unmöglich ist. Die Schlingel! Aber welcher Sinn im Unsinn! Sein Dasein zu läugnen – das thut wenig, man glaubt daran, die Möglichkeit bestreiten, das hindert nicht, ihn doch zu wollen; was der Christ will, ist alles gleich unmöglich und er will es doch. Es ist dumm, es ist reiner Unsinn, aber es ist Methode darin.

„Auch sollen die christlichen Ideale immer unmöglich bleiben, nie erreicht werden“, sagt die Staatszeitung, „die christliche Bruderliebe z. E. beruhe nicht auf einem patriotischen Fraternisiren, nicht auf einer blossen Gemeinschaft der Interessen, sondern auf der Gleichheit im Himmel, d. h. auf der unmöglichen Brüderschaft der Menschen. Schliesslich versteht sie unter „christlich“ nicht etwa irgend einen sittlichen Höhengrad, sie setzt den christlichen Staat nicht etwa dem schlechten Staate, sondern dem jüdischen, dem mohamedanischen

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Ferdinand Cœlestin Bernays: Zeitungsschau. In: Deutsch-Französische Jahrbücher. Bureau der Jahrbücher, Paris 1844, Seite 228. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsch_Franz_Jahrb%C3%BCcher_(Ruge_Marx)_228.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)