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Journal“ z. E. erzählte: „Unsre Stadt genoss heute das unverhoffte Glück, die Pferde seiner königlichen Hoheit des Prinzen Karl an unsrer Stadt vorbeiziehen zu sehen, höchst welche {die Pferde) dem hohen Herrn voraus zu den Manövern an den Rhein eilen.“ „Diese Kerle, sagte B., haben durch den Schlendrian ihres schlechten Treibens auch ihr letztes Restchen von Verstand eingebüsst, und er wettet, den Redactoren der ganzen servilen Presse in den nächsten 8 Tagen fünfzig der albernsten Erfindungen und Lügen, denen es jedermann, der die Verhältnisse nur leidlig kennt, auf dem ersten Blick ansehen müsse aufzubürden. Wie wird nun die Wette wirklich gewonnen? „Wie machte ich es, sagt B., dass die Tröpfe alle meine Lüge glaubten?“

Ich verschaffte mir ein Siegel mit einer Grafenkrone über den Buchstaben C. v. R. und ein noch vornehmeres, nahm Postpapier mit Goldschnitt, vom feinsten Siegellack, unterzeichnete mich jenach Umständen als Baron, Graf, Regierungsrath (ja ihr Herrn Redaktoren, spitzt nur die Ohren, ihr seid schmählich angeführt!) hatte in den Begleitungsschreiben alle Nachrichten von „hohen Militairs,“ „Banquierhäusern,“ „Hofcavalieren,“ „aus officieller Quelle“ oder von einer „hochstehenden Person“ und war hiedurch zu jeder Lüge autorisirt! Das waren die Beweise für die Richtigkeit meiner Mittheilungen, die ein den einzelnen Redaktionen ganz fremder Mensch vorbrachte; dass der Inhalt nur niederträchtig, hündisch und dumm, oder besser, albern zu sein brauchte, um für solche Kerle als wahr zu gelten, davon hatte ich viele Beweise. Ich log also, wie es mir grade in den Kopf kam darauf zu, und schickte immer die gröbsten Lügen an die klügsten Redaktoren.“

Auf diese Weise sind die Mystifikationen eine Charakteristik dieses gemeinen, verwahrlosten, unsittlichen Getreibes der deutschen Zeitungen geworden, wie man sie nicht gründlicher geben konnte. Man wettet auf ihre Dummheit und Niederträchtigkeit und gewinnt die Wette. Die Akten in der obigen Schrift sind mit den genauesten Citaten versehen, und man vergibt dem Verfasser seine Grobheit, wenn man ihn gelesen hat. Nur darüber täuscht er sich, wenn er die armen Teufel von Censoren und Redaktoren (il faut donc que je vive!) für isolirte Erscheinungen nimmt. Unsere Landsleute, die guten Deutschen, sind selbst ihre eigenen Censoren und sind in Masse die Redaktoren ihrer eigenen Schmach; ihre Zeitungen sind immer so nobel als sie selbst, und die Pferde in allem Ernst höchst dieselben zu nennen, ist dem Bewusstsein der Deutschen[WS 1] über die politischen Götter, denen sie dienen, vollkommen

  1. Vorlage: Deutchen
Empfohlene Zitierweise:
Ferdinand Cœlestin Bernays: Zeitungsschau. In: Deutsch-Französische Jahrbücher. Bureau der Jahrbücher, Paris 1844, Seite 225. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsch_Franz_Jahrb%C3%BCcher_(Ruge_Marx)_225.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)